14.9.2007
„Jetzt können sie wieder lachen…“ – Freude im Dorf der Witwen / TV-Team filmt
Sie nennen es das Dorf der Witwen – Goritschane, ganz im Norden des ärmsten EU-Mitgliedslandes Bulgarien. In dem kleinen Ort leben 110 Menschen. 80 Prozent der Einwohner sind Frauen. Das Durchschnittsalter liegt bei 75 Jahren. Die Jungen sind längst gegangen; sie haben Arbeit in den großen Städten gesucht und gefunden. Geblieben sind nur die Alten und Kranken. „Bitte helfen sie uns“, schrieb Ortsvorsteherin Maria Dimitrova in einem Brief an Interhelp. „Die Menschen hier haben die Hoffnung verloren. Sie wissen nicht mehr ein noch aus. Viele sind schon depressiv. Wir wünschen uns so sehr einen Ort, an dem wir uns treffen können. Aber wir haben kein Geld für die Möbel und für den Ofen, der uns wärmt.“
Auf eigene Kosten reiste ein Interhelp-Team von Hameln nach Goritschane. „Wir wollten vor Ort die Lage erkunden und gemeinsam mit den Bewohnern nach Lösungen suchen“, erklärt der 1. Vorsitzende der gemeinnützigen Hamelner Hilfsorganisation Interhelp – Deutsche Gesellschaft für internationale Hilfe, Ulrich Behmann.
Elka Dimova, Bürgermeisterin der Stadt Shabla, zu der das Dorf gehört, sagte Unterstützung zu, stellte ein Zimmer im Erdgeschoss des Rathauses von Goritschane zur Verfügung. Auf Kosten der Gemeinde wurde der Raum mit neuen Fenstern ausgestattet und frisch gestrichen.
Die Häuser im Dorf der Witwen sind windschief und verfallen. Einige sind eingestürzt. „Was sollen wir machen?“, fragt Janka Raikova (78. Die wachen Augen der rüstigen Rentnerin blitzen auf. Als sie leise sagt: „Wir leben in Armut, und wir werden in Armut von dieser Welt gehen“, laufen Tränen über ihre faltigen Wangen. Rentner müssen mit 40 Euro pro Monat auskommen. Das ist selbst in Bulgarien zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Wer in der Lage ist, sich zu bücken, der baut Tomaten, Mais und Paprika an, wer auf eine Leiter steigen kann, der pflückt Pflaumen, Äpfel und Kirschen, und wer noch gut zu Fuß ist, der sammelt Beeren und Schnecken. Rinder- oder Schweinefleisch ist ein unerschwinglicher Luxus. Hühner, Gänse und Puten laufen durch das Dorf. Ab und zu auch ein paar Ziegen.
Lambia Dimitrova (74) kann nur unter Schmerzen gehen – Hüftarthrose. Ihr Mann Rusi (74) hat Durchblutungsstörungen und Alzheimer. Die Medikamente sind teuer. Zu teuer für die Senioren. Im Winter lebt das Paar in der winzigen Küche. Dort steht ein Holzofen. Nur dort ist es warm. Auf neun Quadratmetern wird gegessen und geschlafen. „Wir können es uns nicht leisten, alle Zimmer zu heizen“, sagt Lambia Dimitrova. „Unser Geld reicht nicht für das Brennholz.“ Interhelp-Vize-Chef Reinhold Klostermann will sich persönlich um das kranke Ehepaar zu kümmern.
Im Dorf der Hoffnungslosen ist es trostlos. Vor allem im Winter. Die Frauen häkeln oder weben bunte Teppiche aus Schafwolle. Im Sommer sitzen die Frauen vor ihren Natursteinhäusern oder auf einer kleinen Wiese neben der Straße am Kaufmannsladen. In der prallen Sonne.
Interhelp hat mit Spenden, die bei der Auktionsmeile auf der Bahnhofstraße gesammelt wurden, den bitterarmen Witwen geholfen. „Wir haben Holzbänke, Tische, Geschirr, Besteck, Schach- und Kartenspiele, einen Sonnenschirm, einen Ofen, einen Kühlschrank und eine Ikone gekauft“, sagt Interhelp-Vorstandsmitglied Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe. Am Tag der Übergabe kamen alle Bewohner zusammen, um auf das Kommunikationszentrum, das sie Club der Pensionäre nennen, mit einem Gläschen Schnaps anzustoßen. Melonen wurden gereicht und selbst gebackenes Festtagsbrot. Den Frauen und Männern liefen Tränen der Freude über die Wangen. „Blagodarjà mnògo – vielen Dank!“ – das waren die meistgesprochenen Worte. Sogar 90-Jährige tanzten.
Ein Fernseh-Team von „Kaliakra TV“ filmte die kleine Feier. In ihrem sechsminütigen Beitrag sagte Reporterin Krasimira Kostadinova: „Diese Hilfe wird die alten Menschen verändern, denn: Jetzt können sie wieder lachen – dank Interhelp.“
Und der orthodoxe Pope Pavel Alexandrov Maximov meinte: „Diese humanitäre Hilfe aus Deutschland ist sehr wichtig für die Gemeinde. Die Alten kämpfen hier tagein, tagaus mit der Einsamkeit. Die Begegnungsstätte wird sie zusammenführen. Sie werden neuen Lebensmut fassen.“
Interhelp bittet um Spenden, um weiterhin Menschen in Not helfen zu können:
Spendenkonto: 20313 BLZ 254 501 10 – Sparkasse Weserbergland
Interhelp im Internet: www.interhelp.dewezet.de
(Abdruck honorarfrei bei Nennung der Kontonummer oder der Internet-Homepage
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Behmann
Interhelp – Deutsche Gesellschaft für internationale Hilfe e.V.
– Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit –
Bildtext: Ortsvorsteherin Maria Dimitrova hat von Ulrich Behmann ein Erinnerungsschild geschenkt bekommen. „Kommunikationszentrum Goritschane – Interhelp“ steht drauf. Das ganze Dorf ist versammelt, freut sich über die gespendeten Möbel, den Ofen, den Kühlschrank und die Spiele. Foto: Interhelp