22.11.2014

Aktuelle Fotos in unserer Bildergalerie / Kampf gegen Cholera, Typhus und Dengue-Fieber / Auch Ebola-Schutzanzüge im Gepäck

10. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Heute sind wir bereits um 6:00 Uhr in Richtung Süden aufgebrochen, um auf einer Insel Namens Groskay Aquien, um auch Menschen ganz im Süden von Haiti helfen zu können. Unglaublich, aber leider wahr: An diesen verlassenen Ort, der nur mit kleinen Booten zu erreichen ist, lässt sich nur alle 3 bis 4 Jahre ein Arzt blicken. Auch wir sind mit einem Boot zur Insel gebracht worden. Dort haben wir noch einmal 128 Patienten behandeln können.
Wir sind froh, unsere Mission erfüllt zu haben. Viele Patienten konnten wir vor dem sicheren Tod retten.
Haiti, darüber sind wir uns alle einig, ist von Gott und der Welt vergessen worden. In diesem Land zählt ein Menschenleben nichts.
Wir sind froh wieder nach Deutschland zu kommen. Jedoch fahren wir mit gemischten Gefühlen hier weg. Die Menschen hier sind so dankbar – und sie haben Hilfe so nötig. Sehr viele Patienten haben sich bei uns mit einem Lächeln und einem „Dankeschön“ bedankt. Hilfe für Haiti tut not – sie ist noch viele Jahre dringend erforderlich. Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, ist für uns ein Held. Er ermöglicht uns, Menschen in Hameln und in aller Welt zu helfen. Eines ist sicher: Ohne Ihre Spenden werden viele Kinder sterben.

9. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Das Interhelp/mfs-Team hat heute in dem größten Slum von Port au Prince im Stadtteil Cité Soleil, einem dicht bevölkerten Elendsviertel in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, gearbeitet. Sonnenstadt ist ein zynischer Name für den wohl größten Slum der westlichen Hemisphäre. Hier haben wir in einer kleinen Schule unsere Ambulanz aufgeschlagen. Bereits seit 3 Uhr morgens warteten die Menschen hier auf uns und standen Schlange.
Nach der Schießerei von gestern haben wir zusätzliches Sicherheitspersonal angefordert. Es hat sich bestätigt, was wir längst geahnt hatten: Es war ein Bandenkrieg. Niemand weiß, was sich daraus noch entwickeln wird.
Die kubanische Ärztin Dr. Rodnaisy Cherilson aus der Klinik hat uns unterstützt, sonst hätten wir heute nicht 237 Patienten behandeln können. Das Spektrum an Krankheiten war noch heftiger als in den letzten Tagen: Säuglinge, die nach Durchfallerkrankungen völlig ausgetrocknet waren, und deshalb dringend Infusionen bekommen mussten. Malaria und parasitäre Erkrankungen waren ebenfalls an der Tagesordnung. Auch Säuglinge mit Infektiösen, Hauterkrankungen und eitrigen Wunden bestimmten unseren Tagesablauf. Anschließend sind wir von Hütte zu Hütte gegangen, um auch die Patienten zu versorgen, die nicht zu uns kommen konnten.
Mitten im Slum haben wir auch Kinder und werdende Mütter behandelt. Gott hat die Menschen, die hier leben, wohl vergessen. Unser Doktor sagte, dass es so etwas auf unseren Planeten gibt, hätte er sich nicht im Traum vorstellen können. Dieses Elend hier übersteigt jede Vorstellungskraft. Ein Bild will mir nicht aus dem Kopf gehen: Ein kleiner Junge steht nackt in einer Gosse; Abwässer, vermischt mit Fäkalien, fließen an ihm vorbei, und der Junge wäscht sich damit. Trotzdem lächelt er.
Morgen fahren wir zu einer Insel, da dort nur alle 3 bis 4 Jahre mal ein Arzt zu den Menschen dort kommt.
Wir würden schon sehnsüchtig erwartet, heißt es.

8. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Schusswechsel – Interhelp gerät zwischen die Fronten

Diesen Tag werden wir nie vergessen: Der Morgen begann in unserer Interhelp-Schule. Da wir dringend Medikamente und Trinkwasser brauchten, beschloss ich, mit unserem Fahrer Sammy einkaufen zu fahren. Die anderen setzten in der Schule die Behandlung von Patienten fort. Nach dem wir fast alles bekommen hatten (außer sterile Skalpelle und Einmalhandschuhe), wollten wir noch rasch ein paar Getränke besorgen.
Wir fuhren in eine Seitenstraße im Stadtteil City Soley. Die Straße war menschenleer. Nur einige wenige Menschen standen in den Hauseingängen und schauten in Richtung Straßenkreuzung. Das kam uns gleich komisch vor, weil das für Haiti typische Gewusel fehlte.
Plötzlich sah ich Polizisten hinter Fahrzeugen – sie hatten Sturmgewehre im Anschlag und zielten in Richtung Kreuzung. Auf der anderen Straßenseite standen Polizisten mit gezogenen Pistolen. Sie suchten Deckung hinter Bäumen. Auf einmal fiel direkt neben uns ein Schuss, abgefeuert von einem Polizisten. Ich sagte zu Sammy: „GO,GO,GO!“, aber er sagte „No. Slow driving“, damit die Polizei uns nicht für die Gangster hält.
Mir schossen die Gedanken nur so durch den Kopf. Gott sei Dank sind die anderen in Sicherheit, dachte ich. Und: Hoffentlich bekommt Sammy nichts ab. Wir bogen an der nächsten Straßenkreuzung nach rechts ab, hier sah ich wieder Polizisten mit Sturmgewehren in Anschlag. Einige lagen auf der Erde, andere hockten hinter Autos und zielten in Richtung der Straßenkreuzung von der wir kamen. Jetzt sahen wir auch 2 Streifenwagen am Ende der Straße in ca. 300 m Entfernung. Dann wurden die Straßen abgesperrt. An der Straßensperre hielten uns Polizisten an, sie schauten ins Fahrzeug und sagten zu
Sammy, er möge jetzt rechts abbiegen und das Viertel hier verlassen.
Ich hatte sehr große Angst, dass uns etwas passiert. Auf dieser Straße fuhr Sammy mit dem rechten Rad in einen offenen Gullyschacht, den er nicht sehen konnte. Dabei rissen der Kühlerschlauch und der Ventilator für das Kühlsystem ab. 6 bis 8 Männer hoben das Vorderrad an, und Sammy konnte weiterfahren. Das Kühlwasser verdampfte. Das war schon heftig. 4 Straßen weiter schauten wir uns den Schaden genauer an. Erst jetzt hörten wir die Sirenen mehrerer Polizeiwagen, die in Richtung des Geschehens fuhren.
An der Interhelp-Schule angekommen, musste ich erst einmal eine kleine Pause einlegen. Meine Hände zitterten.
Am Abend haben wir erfahren, dass an der Kreuzung ein Bandenkrieg getobt hat.Insgesamt haben wir heute 143 Patienten in der Schule behandelt. Man, das war ein Tag.

7. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Wir sind zurück aus Cap Haitien.
Diese Fahrt nach Cap Haitien und zurück wird keiner von uns vergessen. Insgesamt 15 Stunden Autofahrt über Schotterstraßen mit riesigen Schlaglöchern und sehr enge Bergpässen sind nichts für schwache Nerven: Wenn ein Lastwagen oder ein Auto entgegenkommt und nur noch ein Strohhalm zwischen die Fahrzeuge passt…
Heute haben wir wieder in einer Schule im Süden von Cap Haitien 149 Patienten versorgen können, damit haben wir bereits die 1000er Marke überschritten.
Unser Doktor, Vu, Alice und ich haben hier in Haiti Krankheiten gesehen, die keiner von uns zuvor an einem anderen Ort der Welt gesehen hat. Eine Patientin haben wir operiert, weil sie unter der
Haut am rechten Arm parasitär befallen war. Ein Säugling, weiblich, 7 Monate alt, mit blutigen Durchfällen haben wir ins Krankenhaus eingewiesen. Verdachtsdiagnose: Cholera. Das Baby schwebt in Lebensgefahr.
Ein anderes Kind, 8 Jahre alt, bekommt alle zwei Tage Fieberschübe. Es hatte über 39,7 Fieber und laboriert ganz sicher an Malaria.
Ein Junge, 6 Jahre, hat eine eingeklemmte Nabelhernie. Er konnte bisher nicht operiert werden, da die Eltern kein Geld haben, um das Kind zur Behandlung ins Krankenhaus zu bringen. Interhelp hat die Kosten übernommen. Es gibt hier so viele schwerkranke Menschen. Vielen können wir helfen. Vielen Menschen, insbesondere Kindern, konnte das Interhelp/mfs-Team vor dem sicheren Tod retten.
Die Dankbarkeit der Menschen und das Lächeln der wirklich kranken
Kinder lässt uns unsere Strapazen vergessen und motiviert uns, weiterzumachen, auch wenn wir manchmal den Tränen nahe sind.
Morgen fahren wir noch einmal in die Interhelp-Schule, da Direktor Ulrich uns gebeten hat, noch einmal dort zu arbeiten.

6. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Cap Haitien
Leider konnte ich gestern nichts schicken, da wir kein Internet hatten. Auch konnten wir nicht wie geplant im Gefängnis arbeiten, da dort unsere Papiere (Zeugnisse) nicht vorgelegen haben. Selbst mit vielen Telefonaten bis hin zum Gefängnisdirektor war nichts zu machen. Unsere Dokumente, die wir vorab per Mail nach Haiti geschickt hatten, sind wohl auf dem Weg in der Administration in
Haiti verschollen. Also sind wir weitergefahren in die Stadt Lieancourt. Hier sollten wir erst am Abend eintreffen. Nach zwei Telefonaten mit Rebecca hat uns der Kongressabgeordnete Joab Thelot in seinem Haus in Lieancourt empfangen. Bei ihm durften wir übernachten.
Herr Thelot erklärte uns, dass unsere medizinische Hilfe dringend gebraucht wird, da zuletzt vor zwei Jahren ein Arzt in der Stadt war. Er brachte uns zu einer Grundschule. Hier haben wir dann bis zum Abend 148 Patienten behandelt. Anschließend wurden wir eingeladen, an einer Voodoo-Zeremonie teilzunehmen.
Hier wurden unter viel Gesang und Tanz Götter beschworen, um bei
einigen Menschen den Teufel auszutreiben.
Am nächsten Morgen haben wir in einer anderen Schule 146 Patienten behandelt. Danach ging es nach Cap Haitien. Hier sind wir gegen 18:30 Uhr eingetroffen. Es hat uns sehr erschreckt, wie viele Kinder unter schwersten Infektionen leiden. Wir haben sehr viele Abszesse (chirurgisch) spalten müssen und infizierte Wunden versorgt, die bereits Wochen und Monate alt waren.

5. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Wir haben heute wieder in der „Klinik“ (15 qm) gearbeitet. Unser Doktor musste 2 Operationen durchführen. Bei der ersten handelte es sich um ein gestieltes Fibrom (gutartige Geschwulst)am rechten Oberschenkel von der Größe eines Golfballes, bei einer 45 Jahre alten Frau. Die zweite OP war eine Geschwulst am linken oberen Augenlied von der Größe einer Walnuss. Unter Mundschutz, Handschuhen und 35 Grad im Schatten, lief der Schweiß nur so herunter.
Insgesamt haben wir heute in der Klinik 48 Patienten behandelt. Darunter wieder viele Kinder mit Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfektionen.
Am Nachmittag sind wir zu dem Kinderheim der „Fondation Manmie Doune“ gefahren. Der Direktor und die Kinder haben uns sehr
Herzlich empfangen. Wir haben allen 20 Kindern Nahrungsmittel und etwas zum Trinken, aber auch Süßigkeiten gekauft. Alle Kinder wurden von uns untersucht, einige behandelt.
Das Kinderheim ist in einem erbärmlichen Zustand. Der Doktor, Alice und Interhelp-Kollege Vu waren schockiert darüber, wie die Kinder hier leben müssen. So etwas haben sie noch niemals zuvor gesehen. Die Tränen mussten teilweise unterdrückt werden.
Morgen geht zum Gefängnis von Port-au-Prince. Danach fahren wir ca. 2 Stunden in ein Dorf namens Lieancourt in Richtung Norden und behandeln zwei Tage lang in einer Kirche. Hier übernachten wir auch und fahren dann nach Cap Haitien im Norden von Haiti weiter.
Dort behandeln wir bis Dienstag.
Anschließend machen wir uns auf den Rückweg nach Port-au-Prince.
Ich weiß leider nicht, wie es dort mit Telefon und dem Internet
aussieht. Gebe jedoch mein Bestes um Nachrichten zu schicken.

Liebe Grüße vom ganzen Team – an alle die uns kennen.

4. Tagebucheintrag von Unfallchirurg Alexander Schöniger

Gestern war ein sehr anstrengender Tag. Heute sollen wir in einer Klinik aushelfen. Mit Spannung erwarteten wir die Gegebenheiten und entschieden uns, für alle Fälle unser eigenes Material einzuladen, um vorbereitet zu sein. Wir fragten uns: Werden wir mit einheimischen Ärzten zusammenarbeiten, vielleicht sogar operieren?
Die Klinik ist ca. 15 Autominuten entfernt und – zu unserer ersten Verwunderung – nur über eine widrige Schotterstraße zu erreichen.
Letztendlich, wie kann es auf Haiti auch anders sein, war alles anders als erwartet. Die Klinik besteht aus einem schattenspendenden Sonnensegel für das ‚Wartezimmer‘ und einem 10 bis 12 qm großen Behandlungsraum. Das Wartezimmer teilen sich die Patienten mit Hunden, Hähnen, Müll und einem Motorrad.
Empfangen wurden wir von der äußerst netten Klinikärztin, Dr. Rodnaisy Cherilson. Sie hatte uns ja bereits per E-Mail vorgewarnt (siehe Original-Mail ganz unten). Die Kollegin behandelt dort pro Tag ca. 20 Patienten. Medikamente gibt es kaum, apparative Medizin gar nicht.
Aufgrund der Präsenz von Interhelp / MFS war heute natürlich mehr los.
Auf engstem Raum konnten wir mehr als 100 Patienten behandeln. Das Spektrum ging von den typischen, vaginalen Infektionen über Diabetes, Atemwegserkrankungen, Parasiten, Brustkrebs, Abszessen, Lähmungen zu Anämien, Minderwuchs und Durchfallerkrankungen mit Kreislaufkollaps. Alles anders und ausgeprägter als gewohnt.
Wie sich herausstellte, wäre diese Art der Versorgung ohne unser Equipment nicht möglich gewesen.
Aus ärztlicher Sicht muss ich sagen, beginne ich gerade erst dieses Land mit seinen Menschen und Erkrankungen zu verstehen. Nichts ist so, wie man es kennt, nichts ist hier wie aus dem Lehrbuch. Die eigenen Augen und Ohren sind das A und O, die klinische Untersuchung plötzlich alternativlos und ein Danke so ehrlich, wie noch nie.
Wir können uns auf unser Team verlassen – und das ist es auch, was es uns ermöglicht unter diesen Bedingungen zu arbeiten.
Jeder Tag ist eine neue Herausforderung. An einem Abend wie diesem bleibt uns nur zu sagen: Gute Nacht und mal sehen, was morgen kommt.

3. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Heute sind wir in der Interhelp-Schule gewesen. Wir wurden mit Begeisterung
empfangen. Einige Patienten warteten bereits seit 06:00 Uhr vor dem Tor der Schule auf uns. Insgesamt haben wir heute 232 Patienten behandelt. Hierunter waren auch wieder viele Kinder mit Durchfallerkrankungen.
Dr. Schöninger, Alice, Vu und ich haben heute Krankheiten gesehen, die wir noch nie in unseren Leben zuvor gesehen haben.
Ein junger Mann im Alter von 22 Jahren hat einen ausgeprägten Hodenkrebs – seit zwei Jahren bereits, und er war noch nie damit bei einem Arzt. Der gesamte Hoden ist kokosnussgroß. Unser Doc sagte wörtlich, dass solche ausgeprägten Krankheitsbilder maximal am Rande in einem Lehrbuch stehen würden und in Europa nicht vorkommen würden.
Ein Kind. Weiblich, 4 Jahre, kam zu uns mit blutigem Durchfall, der seit einer Woche anhält. Das Mädchen war apathisch, hatte 38.3 Temperatur und wurde sofort von uns in eine Klinik eingewiesen. Verdachtsdiagnose: Cholara.
Eine 30-jährige Frau suchte uns auf, weil sie sich in letzter Zeit sehr schlapp, müde und antriebslos fühlt. Nach eingehender Untersuchung stand fest, dass sie Aids im Endstadium hat, jedoch davon nichts ahnte. Uns blieb nur, sie aufzuklären. Wir mussten ihr leider sagen, dass sie nicht mehr lange leben wird.
Viele Abszesse wurden gespalten. Auch ein 7 Monate altes Baby wurde behandelt. Es hatte einen Abszess an der rechten Stirnseite. Der Eiter lief nach dem chirurgischen Schnitt nur so heraus.
Zwei Säuglinge (6 Mon.,9 Mon.) hatten vaginale Infektionen. Die Mütter haben ihre Kinder in der Gosse gewaschen, da sie sich kein sauberes Wasser leisten können. Auch die Mütter hatten eine vaginale Infektion.
Viele jungen Mädchen und auch Frauen haben hier Vaginalinfektionen. Vier junge Männer hingegen hatten einen Tripper.
Wir sind heute an unsere Grenzen gestoßen. Mit so schweren Krankheitsbildern konfrontiert zu werden, junge Menschen zu behandeln, die noch nichts von ihren Krankheiten wissen, das ist schon sehr
heftig. Insbesondere, wenn es um Kinder geht.
Allerdings lassen und das Lächeln der Kinder und die tiefe Dankbarkeit einiger Menschen, die wir vor dem sicheren Tod bewahren konnten, motiviert an die Arbeit gehen. Das gibt uns Kraft, Menschen zu helfen.

2. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

Wir sind heute in das Dorf Könscoff bei Bienvenue im Süden von Haiti gefahren, da hier sehr viele Kinder an Durchfall und Atemwegserkrankungen leiden sollen. Vielleicht wütet auch hier die Cholera. Die Fahrt dorthin dauerte zirka zwei Stunden. Wir wurden bereits von einer großen Menschentraube erwartet. In einem Privathaus haben wir unsere Interhelp/mfs-Ambulanz aufgeschlagen. Dort konnten
wir 168 Patienten versorgen. Es waren tatsächlich sehr viele Kinder (79) im Alter von 2 Monaten bis 16 Jahren mit Durchfall-Erkrankungen und zum Teil mit sehr schlimmen Atemwegsinfektionen darunter. Viele leiden aber auch an üblen Hauterkrankungen.
Viele Eltern haben uns berichtet, dass die Kinder schon seit mehreren Wochen Durchfall haben. Auf Nachfrage wurde uns gesagt, dass sich die Eltern kein sauberes Trinkwasser leisten können und die Kinder Wasser aus Pfützen trinken. Die Cholera und andere Erkrankungen haben ein leichtes Spiel…
Auf dem Rückweg am Abend sind wir in ein schweres Unwetter geraten. Dadurch konnte unser Fahrer nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Für den Rückweg haben wir 4 Stunden gebraucht.
Morgen geht es zu unserer Interhelp-Schule.

1. Tagebucheintrag von Reinhold Klostermann

27 Stunden auf den Beinen – endlich in Haiti gelandet. Der Weg ins Zielgebiet führte über Frankfurt, Atlanta und New York. Jetzt sind wird endlich angekommen. Keine Zeit für Pausen. Wir haben gleich losgelegt. Der Tag war der Vorbereitung und Organisation geschuldet. Sammy, unser Fahrer, fragte uns, ob wir in unsere Interhelp-Schule fahren könnten. Der Direktor Sanon Ulrich wolle mit uns sprechen. Der Direktor hat uns gebeten, in der Schule medizinische Hilfe zu leisten, da sehr viele Kinder und Erwachsene in dem Viertel, in dem die Schule liegt, Infektionen hätten. Natürlich werden wir helfen.
Wir bekommen die Bücherei und einen anderen Raum zur Verfügung gestellt. In dem Einzugsgebiet leben 200.000 Menschen.
Dann ging es zu Rebecca Guillaume. Sie arbeitet jetzt für die Regierung von Haiti. Nach vielen Sicherheitskontrollen führte man uns in ihr Büro. Sie ist nur dem Wirtschaftsminister unterstellt. Rebecca fragte uns, ob wir bereit wären, in vielen Gebieten zu arbeiten. Dies haben wir zugesagt. Einen Plan hierüber bekommen wir noch.
Anschließend sind wir in eine zweite Schule in Cité Soleil, das ist ein dicht bevölkertes Elendsviertel in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, das von den Vereinten Nationen als gefährlichter Ort der Welt bezeichnet wurde. gefahren, um hier zu
erkunden, ob in diesem Slum-Viertel eine weitere Ambulanz von uns gestellt werden kann. Auch hier haben wir zugesagt.
Als wir hier fertig waren, haben wir Medikamente, Salben, Tinkturen usw. eingekauft. Dann haben wir für unser Team Wasserflaschen und für die Kinder ein paar Bonbons besorgt.
Am Abend kam der Minister Gallau Willson zu uns. Er bedankte sich bei uns für unsere Hilfe. Diese Hilfe komme den Ärmsten der Armen zugute. Recht hat er.
Unser Medizinstudent Noc Anh Vu hat sich leider eine schwere Infektion zugelegt, mit Fieber um die 39 Grad. Er wird von uns behandelt mit Antibiotika, Schmerzmittel, Fiebersenker und Magenschutz. Er liegt im Hotelzimmer und schwitzt sehr stark. Bis er nicht wieder fieberfrei ist, bleibt er im Bett.
Hoffe, dass ich mich nicht anstecke. So, bin jetzt müde. Morgen wieder mehr.

Haben E-Mail von Dr. Rodnaisy Cherilson, eine kubanische Ärztin, bekommen. Mit ihr werden wir eng zusammenarbeiten. Sie hat uns schon mal mitgeteilt, welche Krankheitsbilder uns erwarten.

Hello Mr. Ulrich and Reinhold.
You and your team are always welcome to Haiti and especially to our modest and humble clinic but where our humanitarian work will done for these people (our primary goal). Haiti always struck by diseases such as malaria and typhoid, in addition to the recent emergence of chikungunya and dengue, still common dermatological and respiratory infections, sexually transmitted diseases, intestinal parasites, diarrheal diseases, hypertension, diabetes, associated complications, etc. Medications such as antibiotics, analgesics, vitamins, antihypertensives, hypoglycemic, etc, would be very helpful.

Regards.
Dr. Cherilson

Pressemitteilung von Claudia Behmann (frei zur Veröffentlichung)

Interhelp-Notarztteam auf Haiti im Einsatz
Kampf gegen Cholera, Typhus und Dengue-Fieber / Auch Ebola-Schutzanzüge im Gepäck

Hameln/Haiti. Sie helfen dort, wo Hilfe Not tut, nehmen Risiken und Strapazen in Kauf, arbeiten unentgeltlich und in ihrer Freizeit: Der Unfallchirurg Alexander Schöniger (31), der Lehrrettungsassistent Reinhold Klostermann (58), die Krankenschwester Alice Zsoldi (30) und der Medizinstudent Noc Anh Vu (29) behandeln seit gestern Kranke und Verletzte in Haiti, in einem Slum, den die Vereinten Nationen den „gefährlichsten Ort der Welt“ genannt haben. Das vierköpfige Team ist für die Hamelner Hilfsorganisation Interhelp und für deren befreundete Partnerorganisation „mfs International“ aus Frankfurt im Einsatz – im wohl größten Elendsviertel der westlichen Hemisphäre. Für den Hamelner Unternehmer Klostermann ist es bereits die vierte Haiti-Mission. Der Leiter der Interhelp-Medical-Task-Force ist ein alter Hase, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen. Seit 2005 ist er weltweit für Interhelp im Hilfseinsatz – in Sri Lanka nach dem Tsunami, auf Sumatra nach dem Erdbeben, auf den Philippinen nach dem Todes-Taifun oder eben auf Haiti. Bereits wenige Tage nach dem schweren Erdbeben im Januar 2010, dem etwa eine viertel Million Menschen zum Opfer gefallen sind, hatten 15 Interhelper in dem Inselstaat medizinische Soforthilfe geleistet und mehr als 7000 Überlebende behandelt. Zum wiederholten Mal ist Interhelp vor wenigen Wochen von seiner US-amerikanischen Partnerorganisation „We Advance“ um Unterstützung bei der Behandlung von Verletzten und Schwerkranken, darunter viele Cholera-Patienten, gebeten worden. „In Haiti geht die Zahl der an Cholera erkrankten oder verstorbenen Patienten zwar seit Januar zurück, es werden jedoch weiterhin Neuerkrankungen aus acht von zehn Départements gemeldet“, erzählt Klostermann. Die kubanische Ärztin Dr. Rodnaisy Cherilson, mit der das Interhelp-Team vor Ort zusammenarbeitet, zählt noch weitere exotische Krankheiten auf, mit denen die Hamelner und Frankfurter in den kommenden Wochen konfrontiert werden: Malaria, Typhus, Dengue- und Chikungunya-Fieber, parasitäre Erkrankungen, HIV, Hepatitis und Hautausschläge. „Die Gefahr, selbst zu erkranken, stellt für unsere Helfer eine permanente Bedrohung dar“, sagt Interhelp-Vorsitzender Ulrich Behmann, der den Einsatz von Hameln aus koordiniert. Zudem sei das Risiko, in Haiti entführt oder ermordet zu werden, für Ausländer nicht gerade klein. „Schießereien und Bandenkriege sind an der Tagesordnung. „Eigensicherung hat deshalb absoluten Vorrang.“ Vorsorglich hat das Team auch Ebola-Schutzanzüge dabei. „Wir wollen gerüstet sein, wenn es hier zu einem Ausbruch kommt“, erklärt Klostermann.
Die Task Force hat zwar jede Menge medizinische Geräte und Arzneimittel aus Deutschland im Gepäck. Was jedoch vor Ort eingekauft werden kann, wird dort besorgt. Das ist deutlich günstiger.
Am ersten Tag ihrer Mission hat das deutsche Notarzt-Team bereits 168 Hilfesuchende, darunter viele Kinder, behandelt. Der jüngste Patient war zwei Monate. „Vor allem die Jüngsten leiden an Durchfall-Erkrankungen – nach Angaben der Eltern teilweise schon seit Wochen“, berichtet der Hamelner Lehrrettungsassistent. „Wir müssen hier aber auch schlimme Atemswegs- und Hauterkrankungen versorgen.“ Kein Wunder: Weil sich die Ärmsten der Armen kein sauberes Wasser kaufen können, trinken sie aus Pfützen.
Überraschend bekam das Helfer-Team gestern Besuch von Haitis Wirtschaftsminister Gallau Willson. „Er hat sich bei uns persönlich für unseren medizinischen Einsatz bedankt“, berichtet der Arzt Alexander Schöniger. Seit fünf Jahren arbeitet der 31-Jährige in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Markus-Krankenhauses in Frankfurt am Main. Er ist froh, zum ersten Mal an einem Auslandseinsatz teilnehmen zu können. „Medizin sollte ja ohnehin mehr Berufung als Beruf sein, aber als einschneidendes Erlebnis ist mir ein Patient im Hinterkopf geblieben, den ich während meines ersten Pflegepraktikums, also noch vor Studienbeginn, im Krankenhaus kennenlernen durfte. Er war als Entwicklungshelfer in Afrika tätig und hatte sich eine parasitäre Erkrankung eingefangen. Obwohl es ihm wirklich schlecht ging sprach er so ergreifend von seiner humanitären Arbeit, dass ich ihm in die Hand versprochen habe, falls ich das Studium schaffe, mich irgendwann auch in diesem Feld zu betätigen. Jetzt habe ich mein Versprechen endlich einlösen können.“
Heute (Donnerstag) wollen die ehrenamtlichen Helfer in der Interhelp-Schule Kinder in Not behandeln. „Direktor Sanon Ulrich hat uns um Hilfe angefleht“, sagt Klostermann. Ein Stadtteil mit 200.000 Menschen sei ohne medizinische Versorgung. „Wer weiß, was uns erwartet.“ Mit einer Großspende des Rotary Clubs Bad Pyrmont hatte Interhelp bereits kurz nach dem Beben die erheblich beschädigte Schule mit Kindergarten für 950 Kinder wieder aufgebaut. „Weil Interhelp und Rotary rasch tätig geworden ist, können diese Jungen und Mädchen bereits seit September 2010 wieder zur Schule gehen”, sagt Behmann, der das Projekt geleitet hat.
Dankbar sind die Helfer, dass es im Weserbergland Spender gibt, die die gemeinnützige Arbeit von Interhelp finanziell unterstützen. „Uns ist stets bewusst: Ohne diese Geber und Gönner könnten wir Menschen in Not nicht helfen.“
Um weiterhin in Hameln-Pyrmont und in aller Welt helfen zu können, ruft Interhelp zu Spenden auf:
Sparkasse Weserbergland: IBAN: DE97 2545 0110 0000 0203 13
Volksbank Hameln-Stadthagen: IBAN: DE49 2546 2160 0700 7000 00
Stadtsparkasse Hameln: IBAN: DE97 2545 0001 0000 0332 33
Das Tagebuch der Helfer finden Sie demnächst auf www.interhelp.info

Bildtext: Auf Haiti im Hilfseinsatz: Der Leiter der Interhelp-Medical-Task-Force Reinhold Klostermann und der Unfallchirurg Alexander Schöniger behandeln ein zwei Monate altes Kind, das unter Durchfall leidet. Foto: interhelp.info

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