17.11.2013

Praxis geschlossen, um helfen zu können / „Das ist ein Gebot der Menschlichkeit“

Hameln/Tacloban. Ein fünfköpfiges Rettungsteam der Hamelner Hilfsorganisation Interhelp ist auf dem Weg in die vom Todes-Taifun „Haiyan“ nahezu vollständig zerstörte Stadt Tacloban auf den Philippinen. Am frühen Samstagmorgen sind Reinhold Klostermann, Leiter der „Interhelp Medical Task Force“, der Leitende Notarzt und Ärztliche Leiter „Rettungsdienst“ der Stadt Hameln, Dr. Jörg Meckelburg, der Allgemeinmediziner Dr. Siegfried John, der Rettungsassistent Alexander Schmitz und die medizinische Fachangestellte Jutta Heutger zu einer Reise ins Ungewisse aufgebrochen. Die Mission der Menschlichkeit führt das Team in ein schwer zugängliches Katastrophengebiet. Interhelp war zuvor offiziell um Hilfe gebeten worden. Am späten Sonntagnachmittag (Ortszeit) landete das Hamelner Team in Manila. Die Fluggesellschaften „Germanwings“ und „Philippine Airlines“ hatten die ehrenamtlichen Helfer, die eine viertel Tonne Notfallmedikamente, Verbandmaterial und medizinische Geräte im Gepäck haben, kostenlos transportiert. Heute (Montag) soll das Rettungsteam mit der ersten Hilfsmaschine, die das Katastrophengebiet ansteuert, auf die vom Tropensturm verwüstete Insel Leyte fliegen.
Unklar ist, was die Frau und die vier Männer der Interhelp-Task-Force dort erwartet: Immer noch sollen Leichen an den Straßenrändern liegen. 11,5 Millionen Menschen gelten nach Angaben der Vereinten Nationen als hilfsbedürftig. 3621 Tote wurden bislang gezählt. Einige Behördenvertreter auf den Philippinen gehen weiter von mehr als 10000 Toten aus. „Wir sind auf alles vorbereitet, können sogar Amputationen vornehmen, falls das notwendig sein sollte“, sagt Unfallchirurg Dr. Jörg Meckelburg, der schon als Arzt auf einem Rettungshubschrauber gearbeitet hat, in Bad Pyrmont als niedergelassener Chirurg arbeitet und kreisweit als Notarzt eingesetzt wird. Der Interhelper hat seine Praxis vorübergehend geschlossen und sich freiwillig zum Einsatz gemeldet, „weil mir angesichts der schrecklichen Bilder aus dem Taifun-Gebieten klargeworden ist, was für ein privilegiertes Leben wir hier in Deutschland führen“. Wer dazu in der Lage sei, der solle helfen. Das sei ein Gebot der Menschlichkeit, meint der Arzt. Als die medizinische Fachangestellte Jutta Heutger den Auftrag bekam, Morphium-Ampullen für den Hilfseinsatz zu verpacken, fasste sie spontan den Entschluss, sich für die Mission zu bewerben. „Ich besitze die Fähigkeit zu helfen, also helfe ich den Menschen, die auf Hilfe warten“, sagt sie kurz vor dem Abflug. Das sei doch selbstverständlich. Sie habe schon immer den Wunsch gehabt, an einem solchen Auslandseinsatz teilzunehmen. Interhelp und ihre Chefin Dr. Beate Meckelburg böten ihr nun die Möglichkeit dazu. Dafür sei sie sehr dankbar.
Für Rettungssanitäter Alexander Schmitz ist es nicht der erste Einsatz in der Ferne. Für die Bundeswehr war der Ex-Soldat neunmal in Usbekistan und Afghanistan. „Ich weiß, dass dieser Einsatz anders sein wird. Was wir dort sehen werden, wird uns erschüttern. Das ist klar“, meint der 26-Jährige. Auch Interhelp-Arzt Dr. John aus der Nähe von Minden hat schon im Ausland behandelt. Er war im Kongo, in Brasilien und im Sengal.
Lehrrettungsassistent Reinhold Klostermann ist ein besonders erfahrener Helfer: Nach Tsunami und Erdbeben hat er für Interhelp bereits Feldlazarette auf Sri Lanka, Sumatra und Haiti geleitet. „Wir sind gerade in Manila angekommen, nehmen jetzt Kontakt zu den örtlichen Behörden und zur Deutschen Botschaft auf“, sagte der Hamelner in Manila.
Der Einsatz wird Hameln aus gesteuert. „Wir stehen im ständigen Kontakt mit Minister Mardomel Melicor, der Hilfsmaßnahmen von der Botschaft der Philippinen in Berlin aus koordiniert, und mit der Deutschen Botschaft in Manila“, sagt Interhelp-Vorsitzender Ulrich Behmann. Über die humanitäre Mission sei von philippinischer Seite zudem das Lagezentrum des Auswärtigen Amtes informiert worden. Unterstützt werde Interhelp zudem vom Philippines Department of Tourism. „Alle, mit denen wir zusammenarbeiten, sind sehr freundlich und sehr hilfsbereit. Sie machen uns den Weg frei“, berichtet Behmann. Die stellvertretende Tourismus-Ministerin habe sogar ein Quartier für die Retter aus Hameln besorgt. „Wir sind sehr dankbar für diese großartige Unterstützung.“ Im Katastrophengebiet werden die Interhelper aller Voraussicht nach unter freiem Himmel und Moskitonetzen schlafen müssen. „Wir nehmen diese Strapazen gern auf uns“, sagt Klostermann. Schließlich sei nicht Urlaub, sondern Hilfe angesagt. „Im Moment sieht es so aus, als würde uns unser Einsatzraum vom Nationalen Philippinischen Roten Kreuz zugewiesen“, sagt Behmann.
Der Hamelner Andreas Engelhardt, der im Auftrag von Interhelp mit Spendengeldern aus dem Weserbergland auf den Philippinen Nahrungsmittel für Hungernde und Durstende einkauft, will sich weiter ins Katastrophengebiet durchschlagen und dort Taifun-Opfern helfen – direkt von Mensch zu Mensch.
Interhelp ist auf Spenden angewiesen, um weiter hungernde Taifun-Opfer mit Lebensmitteln versorgen zu können. Spendenkonten:
Konto-Nr. 33233 – Stadtsparkasse Hameln (BLZ 254 500 01),
Konto-Nr. 700 700 000 – Volksbank Hameln-Stadthagen
(BLZ 254 621 60), Konto-Nr. 20313 – Sparkasse Weserbergland (BLZ 254 501 10)

Bildtext: Die Interhelp-Mitglieder Dr. Jörg Meckelburg, Alexander Schmitz, Nils und Reinhold Klostermann, Jutta Heutger und Ulrich Behmann beladen am Samstagmorgen einen Krankenwagen mit Arzneimitteln und medizinischen Notfall-Geräten. Am Flughafen Langenhagen bereitet Dr. Siegfried John derweil den Lufttransport vor. Foto: Leo

Kontakt: 0176/10246141
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