04.03.2015

agebuch-Einträge von Reinhold Klostermann, Leiter Medical Task Force

Hallo nach Deutschland!

Die Anreise hat 22 Stunden gedauert. Wir waren ziemlich fertig, freuten uns auf ein Bett. Bei unserer Ankunft im Quartier war es bereits 23:50 Uhr. Nach nur 5 Stunden Schlaf begann unser erster Tag gleich mit viel Arbeit.

Wir sind in das Dorf Bondupitiya, ca. 13 km von unseren Stützpunkt entfernt, gefahren. Hier haben wir in einem Kindergarten 209 Patienten mit Hilfe von 2 sri-lankischen Ärzten, die wie alle hier für Interhelp und unseren Partner „mfs International“ aus Frankfurt arbeiten, versorgen können.

Hier angekommen, wurde uns zu Ehren eine Zeremonie abgehalten – uns wurden Blumenketten umgehängt, wir mussten Öllampen anzünden.

Ein kleines Mädchen im Alter von 5 Jahren mussten wir Infusionen geben, da es massiv an Durchfall und Erbrechen litt, seit 4 Tagen schon. Weiterhin konnten wir einen Säugling mit einer schweren Lungenentzündung und hohem Fieber von 40,1 Grad vor dem sicheren Tod retten, indem wir dem Baby ein Antibiotikum und Elektrolyte gegeben haben. Viele infizierte Wunden wurden von uns behandelt und auch viele Erwachsene mit Diabetes. Die meisten Patienten wussten gar nicht, dass sie Diabetes haben. Wir haben bei einem jungen Mann im Alter von 25 Jahren, einen bösartigen Tumor in der linken Ohrmuschel diagnostiziert. Er wusste nichts davon, hat den Tumor schon seit einem Jahr.

Die Menschen bedanken sich sehr für unsere Hilfe, einige küssten unsere
Hände.

Der Tag 2 auf Sri Lanka

Unser Interhelp-Team und die sri-lankischen Helfer haben heute in einer Schule im Dorf Pathivaja das medizinische Camp „Hameln“ aufgeschlagen. Wir wurden bereits erwartet, einige Menschen warteten bereits seit 05:00 Uhr auf uns. Der Bürgermeister und der Schuldirektor hatten alles organisiert. Insgesamt konnten wir heute 241 Patienten versorgen. Wir mussten heute mehreren Patienten Infusionen anlegen, da sie alle sehr ausgetrocknet waren und Lungenentzündungen hatten. Einen Notfall (schwerer Asthmaanfall) gehörte auch dazu, wie auch Zucker-Patienten mit über 688 mg % und wieder viele Kinder mit schweren Atemwegserkrankungen. Ein weiblicher Säugling von 4 Monaten war am Hals, an den Kniekehlen und am Ellenbeugen übersät mit offenen Wunden, aus denen Gewebeflüssigkeit lief. Eine junge Mutter im Alter von 31 Jahren, die bereits vor 5 Jahren eine Herz-OP hatte, kam mit schwerer Atemnot und ihrem ein Monate alten Säugling auf dem Arm zu uns. Ein dreijähriges Kind kam mit einem Mikrochephalus (das Schädelwachstum hat aufgehört, der übrige Körper wächst jedoch weiter) zu uns. Die verzweifelten Eltern fragten uns, ob wir helfen können. Morgen fahren wir in den Dschungel – ca. 2 Std. von uns entfernt.

Der heutige Tag begann heute mit einer zweistündigen Autofahrt in ein Dorf mit den Namen Ithapana. Hier haben wir im Sri-Darmarama-Tempel unser Interhelp-Ambulanz aufgeschlagen. Die Region, in der wir arbeiten, gehört mit zu den ärmstenhier auf Sri Lanka. Der Hohepriester und der Bürgermeister empfingen uns, und bevor die Arbeit losging, gab es einen kleinen Gottesdienst. Der Bürgermeister lobte in einer Ansprache das medizinische Team von Interhelp und wies auf die Strapazen hin, die wir auf uns genommen haben, um hier zu helfen. Unser Team heute 314 Patienten im Tempel behandelt. Unser erster Patient ( 61 J.) kam mit einer apfelsinengroßen linksseitig am Unterkiefer gelegenen Geschwulst. Seinen Angaben zufolge wächst der Tumor seit 2 Jahren. Anschließend haben wir eine Patientin mit sehr schwerer Herzinsuffizienz, mit Wasser in der Lunge und schwerer Atemnot, nach der Notfallversorgung in ein Krankenhaus überwiesen. Eine Frau, die eine große Schnittverletzung an der rechten Hand hatte, haben wir ebenfalls in ein Krankenhaus gebracht, da hier der Verdacht einer Sehnen-Beteiligung gegeben war. Eine andere Frau hatte am rechten Unterschenkel eine handtellergroße infizierte Wunde. Der Verband war das letzte Mal vor 14 Tagen angelegt worden. Aus Dankbarkeit sagte eine junge Mutter zu uns: Gott schütze sie, weil sie meine Tochter gerettet haben. Das Mädchen hatte hohes Fieber (40,6 Grad Celsius) und eine Lungenentzündung. Das Interhelp-Team arbeitet unter extremen Bedingungen, 33 bis 35 Grad im Schatten, sehr hohe Luftfeuchtigkeit und in improvisierten Behandlungsräumen. Jeder von uns verbraucht pro Tag bei der Arbeit ca. 5 bis 8 Liter Wasser.
Gestern Abend ist eine kleine Familie zu uns gekommen, wo der Vater (49 Jahre) seit Dezember 2014 zur Dialyse muss und dieses mindestens 2-mal in der Woche. Er hat einen Shunt am Hals. Eine Dialyse kostet 9.000 SLR (60 €). Er hat schon alles getan, um Geld von allen Verwandten, Freunden usw. zu bekommen. Jedoch schafft er es nicht, dieses regelmäßig zu machen. Seine letzte Dialyse war vor 14 Tagen. Seine Frau will ihm eine Niere spenden. Seine Füße sind sehr geschwollen – und er kann nur im Sitzen schlafen, da er sonst zu wenig Luft bekommt. Die letzten Untersuchungen sind am 25.03.2015, bisher passt ihre Niere. Unter Tränenerzählte uns die Frau, wie sehr ihr Mann leidet. Auch kann er nicht arbeiten, um etwas Geld zu verdienen, um die Familie zu ernähren. Sie arbeitet stundenweise als Reinigungskraft.

Am Ende des Gespräches hat sich der Sohn (6 Jahre alt) spontan vor mir hingekniet und viele Male „Danke“ und „Gott schütze Dich“ gesagt. Mir schossen die Tränen in die Augen. Diese kleine Familie tut mir sehr leid. Spontan habe ich 60 Euro gegeben, damit er morgen zur Dialyse fahren kann. Interhelp denk darüber nach, wie man der Familie helfen kann. Aber das Spendengeld ist knapp.Viele Menschen warten auf Hilfe.

Tag 3
Wir sind heute Morgen um 06:00 Uhr aufgebrochen, um eine Autofahrt von ca. 2,5 Stunden zu einen Tempel im Osten von Sri Lanka mit dem Namen Vijerama aufzusuchen. Der Bürgermeister des Ortes Agalawatha und der Mönch erwarteten uns mit den Worten, „Danke dass ihr gekommen seid. Wir haben hier viele Menschen mit medizinischen Problemen“.
Gleich der 2. Patient war ein Kind (3 Jahre alt). Es hatte vor einem Jahr eine Meningitis durchgemacht und hat eine Behinderung davongetragen. Eine Frau (54) hatte eine sehr stark vergrößerte Leber, die den ganzen rechten Bauch bis zum Becken ausfüllte. Auch ein Kind im Alter von 7 Jahren kam zu uns, weil das ganze rechte Bein mit eitrigen Wunden übersät war. Atemwegsinfektionen bei Kindern – die Behandlung dieser Erkrankungen sind unser Tagesgeschäft.
Diese Armen können sich keine Medikamente leisten, da diese hier selbst bezahlen müssen. Viele Krankheiten können sich deshalb sehr gut ausbreiten – manchmal endet das mit dem Tod. Heute haben wir nur 187 Patienten behandelt.

Im tiefen Dschungel

Das medizinische Team von Interhelp war heute im tiefen Dschungel. Wir haben beim Bürgermeister in der Einfahrt und im Vorgarten unsere Ambulanz aufgeschlagen. Die Freude war sehr groß, dass wir gekommen sind.
Heute wieder 289 Patienten behandelt.
Überwiegend viele Kinder – wieder mit schweren Atemwegsinfektionen. Ein Mann im Alter von 43 Jahren kam zu uns mit einer Schuppenflechte am gesamten Körper, einschließlich des Kopfes und Genitalien. Ein 5 Monate alter weiblicher Säugling hatte eine schwere offene Wunde am Bauch. Ein Mann im Alter von 75 Jahren konnte nicht mehr laufen, er hatte eine Entzündung im Knie – schon seit 4 Monaten. Er kann sich keine Medikamente leisten und hat sehr starke Schmerzen. Diese Menschen hier sind dringend auf Hilfe angewiesen. Wir können heute schon sagen, dass wir bislang einige Leben retten konnten.
Morgen fahren wir wieder zu einem Tempel.
Unsere einheimischen Ärzte, die für Interhelp im Einsatz sind, haben uns heute sehr gelobt für die Hilfe, die wir gemeinsam mit ihnen hier für ihr Land leisten. „Es gibt kein medizinisches Team, das so effektiv helfen kann wie das von Interhelp“, sagte eine Ärztin. Das hat uns sehr gefreut.Den Tag heute verbrachten wir im Nordwesten von Sri Lanka, in einem Dorf namens Devagoda. Dort in dem Tempel Wijerama hat uns der leitende Mönch einen großen Raum zur Verfügung gestellt. Viele Patienten kamen heute mit eitrigen und stark verschmutzen Wunden zu uns. Ein Mann (62 Jahre) hatte eine schwere Infektion am rechten kleinen Zeh. Dieser ist bereits schwarz. Ein Junge im Alter von 5 Jahren hatte eine Risswunde um rechten Unterschenkel. Diese war so entzündet, dass er kaum noch laufen konnte. Ein Mädchen (8 Jahre), das seit seiner Geburt geistig und körperlich behindert ist, kam mit seiner Mutter, die uns fragte, ob es vielleicht möglich sei, einen Rollstuhl zu bekommen, da es schwer ist, das Kind immer zu tragen. Eine 30-jährige Frau kam mit einer Gaumenspalte, die sie seit der Geburt hat, zu uns und fragte, ob wir ihr helfen können. Leider kann man ihr nicht mehr helfen; sie hätte bereits im Säuglingsalter operiert werden müssen. Heute insgesamt 236 Patienten behandelt.

Freude und Leid liegen hier sehr dicht zusammen
In dem Tempel Svi Vibuthiyama beim Dorf Yatadolawatha im Osten von Sri Lanka haben wir heute wöhrend einer kleinen Zeremonie jeder ein weißes Bändchen an das rechte Handgelenk bekommen. Diese Bändchen sollen uns Glück bringen und uns vor bösen Geistern schützen. Der Bürgermeister sagte in einer Ansprache, dass die Hilfe von Interhelp vielen Menschen hier zugutekommt und bedankte sich in Namen der Menschen, die hier leben.

Als wir mit unserer Arbeit gerade begonnen hatten, erschien der Chefarzt Dr. Dissunajake vom Division Krankenhaus Katugahahena. Hier hatten Interhelp und MFS das letzte Jahr den letzten Tag gearbeitet. Der Chefarzt brachte 2 Krankenschwestern mit und sagte, dass er diese für uns heute freigestellt habe. Er freute sich sehr, dass Interhelp und MFS wieder in seinem Bezirk kostenlose medizinische Hilfe anbietet.

Heute war wieder einmal ein Chirurgen-Tag. Viele Patienten kamen mit alten entzündeten Wunden zu uns und baten um Hilfe. Ein Junge im Alter von 4 Jahren war an beiden Unterschenkeln von Insektenstichen übersät, die er alle aufgekratzt hatte und die entzündet waren. Eine 40-jährige Frau hatte am linken Unterarm einen walnussgroßen Abszess, den wir öffneten mussten – eine Blutvergiftung war schon erkennbar. Leider hatten wir auch ein trauriges Ereignis. Ein Kind im Alter von 6 Jahren war im Alter von 2 Jahren an einer offenen Gaumenspalte operiert worden. Leider kam es bei der OP zu einem Zwischenfall und das Kind blieb damals mehrere Minuten ohne Sauerstoff. Seitdem ist es sehr stark behindert. Die Mutter, die das Kind über die Schulter trug, fragte uns ob wir dem Kind helfen könnten. Leider ist das nicht möglich. Heute haben wir 283 Patienten behandeln können.

Den heutigen Tag werden wir nicht vergessen.
In dem Dorf Halkavila, dort wo die Hamelner Stadtwerke-Chefin Susanne Treptow., Fürst Alexander zu Schaumbug-Lippe und Interhelp einen Kindergarten-Spielplatz und einen Schutzzaun gespendet hatten, haben wir in einem Tempel unsere Interhelp/MFS Ambulanz aufgeschlagen. Wir wurden von Kindergartenkindern nicht nur mit Blütenkränzen empfangen, sondern uns zu Ehren haben diese Kinder einen kleinen Musikzug zu dem medizinischen Camp angeführt. Wir waren zu Tränen gerührt, dass uns diese Ehre uns zuteil kam. Alle Kinder in blau-weißen Schuluniformen, ausgerüstet mit Trommeln, Trompeten und Pauke. In 4er Reihen kündigten sie unser Kommen an. Hier erwarteten uns Menschenmassen, die ich nur von den Tagen nach dem Tsunami her kenne. Unterstützt wurden wir von 4 sri-lankischen Ärzten. Insgesamt haben wir heute 461 Patienten versorgen können – bei 34 Grad im Schatten und Luftfeuchtigkeit von 90% fühlten wir uns wie in der Sauna. Auch hier haben wir sehr viele Kinder mit Atemwegsinfektionen und eitrigen Wunden gehabt. Völlig erschöpft, aber sehr glücklich sind wir sehr spät wieder zu unseren Stützpunkt gefahren.

Der letzte Tag

Die Medical Task Force von Interhelp hat ihren Einsatz in Sri Lanka beendet.

2343 Patienten versorgt und mit Unterstützung von einheimischen Optikerinnen 1600 Brillen verteilt. Der letzte Tag war nur mit dem gesamten Interhelp-Team zu schaffen. Ulrich Behmann, Stefan Golze und Michael Görbing (MFS) waren im Nordosten im Einsatz und sind aus dem ehemaligen Bürgerkriegsgebiet zurückgekehrt. 13 Interhelper aus Sri Lanka und Deutschland waren im Einsatz. Iresha Fernando sagte, es sei eine tolle Erfahrung gewesen, mit uns zusammenzuarbeiten. „Wir haben sehr viel von Euch gelernt. Danke.“ Neben einer großen Brillenaktion und der medizinischen Versorgung konnten wir auch 2 schwerbehinderten Kindern je einen Rollstuhl übergeben. Ein Rollstuhl war von Susanne Treptow gespendet worden, einen weiteren haben wir hier für 60 Euro gekauft. Die Eltern brauchen jetzt nicht mehr ihre Kinder den ganzen Tag auf den Armen tragen. Tränen der Freude liefen über die Wangen der Eltern – und auch bei blieb kein Auge trocken.
Über 800 Brillen wurden in der zweiten Brillenaktion übergeben (im Nordosten waren es noch einmal so viele). Nachdem zwei Optikerinnen zuvor die Sehstärke der Augen gemessen hatten und die Menschen sich eine Brille ausgesucht hatten, war auch hier die Dankbarkeit der Ärmsten der Armen unbeschreiblich. Einige fielen vor uns auf die Knie, um uns zu danken. Im medizinischen Bereich heute 388 Patienten versorgt. Insgesamt konnten wir 2.343 Menschen behandeln und einige vor dem sicheren Tod bewahren. Unsere Hilfe ist dringend erforderlich, da sich die wenigsten Menschen auf Sri Lanka Arzneimittel kaufen können. Interhelp möchte auf diesem Weg allen Spendern ausdrücklich danken, danken dafür, dass sie uns helfen, den ärmsten Menschen dieser Welt zu helfen und viele damit vor dem sicheren Tod zu bewahren, insbesondere die unschuldigen Kinder. Ohne die Spender könnten wir fast nichts erreichen. Wir hoffen, dass wir weiter Spenden erhalten werden. Jeder Euro hilft. Bitte helfen Sie uns helfen. Retten Sie Kinder in Not. D A N K E.