16.06.2009
WHO teilt Interhelp auf Sumatra Distrikt zu / Erdbebenhilfe zeitgleich auch im Osten Bulgariens / Kinder traumatisiert / Hamelner Helfer bitten um Spenden
Hameln/Padang (Sumatra). 38 Grad im Schatten; mehr als 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Schwüle Tropenhitze im Katastrophengebiet von Sumatra (Indonesien). Aber das ist es nicht, was dem Hamelner Interhelp-Team zu schaffen macht. Es ist der süßliche Geruch des Todes, der zu Lehrrettungsassistent Reinhold Klostermann (53) und Rettungsassistent Christian Käse (27) herüberweht. Auch knapp zwei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,6, das weite Teile der südasiatischen Insel verwüstete, liegen Tausende Menschen unter tonnenschweren Trümmern, sind unzählige Opfer verletzt. Die Ehrenamtlichen der in Hameln gegründeten Deutschen Gesellschaft für internationale Hilfe, kurz Interhelp, sind heute zur Erkundung des Distrikts Pariaman aufgebrochen,um zu sehen wie ernst dort die Lage ist“, sagt Klostermann. Die Hamelner haben vorsorglich Reis, Zucker und Trinkwasser mitgenommen. Sie wissen zwar nicht, was sie vor Ort erwartet, aber sie ahnen es. „Nach dem Tsunami auf Sri Lanka sind wir in den von Todeswellen weggespülten Dörfern, in denen wir Halt gemacht haben, sofort von hungrigen und verletzten Menschen umringt worden“, erklärt Interhelp-Vorsitzender Ulrich Behmann. Und so ist es auch im Erdbebengebiet von Sumatra. Im Ort Taman, 70 Kilometer und zwei Stunden von der schwer zerstörten Provinzhauptstadt Padang entfernt, steht kein Stein mehr auf dem anderen. „Hier sind alle Häuser in sich zusammengefallen“, sagt Klostermann. „Die Kinder sind traumatisiert, die Überlebenden verzweifelt. Sie sitzen auf den Trümmern und warten auf Hilfe“, berichtet Christian Käse. Als das Erkundungsteam aus dem Fahrzeug steigt, wird es von Menschen umringt. „Mithilfe unseres Dolmetschers haben wir herausgefunden, dass hier nach dem Beben wenigstens etwas Hilfe angekommen ist, mehr aber auch nicht“, sagt Klostermann.
Die Interhelper werden zu einem Bretterverschlag geführt. Auf einer dünnen Matratze liegt eine Frau. Sie war verschüttet, wurde mit bloßen Händen von Nachbarn ausgegraben. Auf einem Röntgenbild, dass neben ihr liegt, ist ein dreifacher Beckenbruch zu sehen. Sie kann sich nicht bewegen, muss furchtbare Schmerzen haben. Die zehn Zentimeter lange Risswunde an ihrem Hinterkopf wurde zwar notdürftig genäht. Die Verletzung hat sich aber böse infiziert. Einem kleinem Kind, es ist etwa 2 Jahre alt, läuft Eiter aus dem linken Ohr. Ein Mann (20) stöhnt. Er hat hohes Fieber, klagt über Atemnot. Alles deutet auf Malaria hin. Das Interhelp-Team tut, was es kann, untersucht und behandelt die Opfer der Naturkatastophe. 13 Patienten werden an diesem Tag versorgt. Dann müssen die Helfer aus dem Weserbergland ihre humanitäre Mission abbrechen. „Uns sind die Antibiotika ausgegangen“, sagt Reinhold Klostermann. Der erste Mann des Distrikts (Ministerpräsident), Muslim Kasim, trifft am Ort des Schreckens ein. Er begrüßt die Hamelner Helfer, sagt: „Wir sind sehr dankbar, dass Sie uns helfen.“
Zurück in Padang erstatten die Interhelp-Erkunder Klostermann und Käse den Vertretern der Weltgesundheitsorganisation, die den medizinischen Einsatz im Katastrophengebiet koordiniert, Bericht. „Wir haben den Distrikt von der WHO zugeteilt bekommen“, sagt Klostermann – und fügt hinzu: „Wir werden gemeinsam mit freiwilligen Helfern aus aller Welt in Taman ein Lazarett aufbauen und es Interhelp-Ambulanz Hameln nennen.“
„Wie lange Interhelp den Notleidenden auf Sumatra helfen kann, hängt allein vom Spendeneingang ab“, sagt Vorsitzender Ulrich Behmann. Geld für Antibiotika und andere Notfall-Medikamente werde dringend benötigt. „Helfen Sie uns bitte helfen. Jeder Euro hilft“, appelliert Behmann, der während des Sumatra-Einsatzes das Backoffice des gemeinnützigen Vereins vom Balkan aus leitet. Grund: Interhelp hilft derzeit Erdbebenopfern auf zwei Kontinenten: Neben der medizinischen Hilfe auf Sumatra, werden im Osten Bulgariens Menschen in Not unterstützt, deren Häuser am 5. August bei einem Beben der Stärke 5,0 teils erheblich beschädigt wurden.
Interhelp ruft zu Spenden auf. Angesichts der dramatischen Lage auf Sumatra tut jeder Euro Not. Geld kann ab sofort auf folgende Sonderkonten eingezahlt werden: Nr. 20313 bei der Sparkasse Weserbergland (BLZ 254 501 10), Nr. 33233 bei der Stadtsparkasse Hameln (BLZ 254 500 01) und Nr. 700 700 000 bei der Volksbank Hameln-Stadthagen (BLZ 254 621 60). Stichwort: Erdbeben.