22.11.2010

Hameln/Port-au-Prince. Sie nennen ihn den Berg der Hoffnungslosen – an seinem Fuße campieren mehr als 75 000 Menschen. Und täglich werden es mehr. Es sind Überlebende des schweren Erdbebens, das Haiti am 12. Januar 2010 fast völlig zerstört hat. Ihre Häuser und Hütten sind eingestürzt, sie wissen nicht, wohin, sie schlafen im Dreck, haben Hunger, Durst und oftmals furchtbare Schmerzen. Nun kommt der Tod in die Flücktlingslager. Die Cholera hat in der Insel-Republik schon mehr als 1000 Tote gefordert. Die Vereinten Nationen hatten das Rettungsteam der heimischen Hilfsorganisation „Interhelp“ im Januar an diesen Ort der Hoffnungslosen geschickt. Innerhalb eines Jahres sind die Menschen erneut vom Tod bedroht. Diesmal ist es der Durchfall, der zuerst die Jüngsten und die Alten dahinrafft. In Gedanken sind die Interhelper schon seit Wochen bei den Menschen in Not. Sie beobachten die Lage sehr genau, umrechtzeitig Hilfsmaßnahmen zu ergreifen. Auf Bitten des Flüchtlingslager-Koordinators hatte Interhelp Anfang des Jahres im „Camps de Réfugiés“ im Vorort Pétion Ville einen eigenen medizinischen Stützpunkt betrieben. Die Zeltklinik, die mithilfe des Vereins „Demira – Deutsche Minenräumer“ errichtet wurde, trug den Namen „Hameln Hospital“. Israelische Ärzte und haitianische Krankenschwestern unterstützten die Hamelner. Bislang hatten die Interhelper gemeinsam mit Freiwilligen aus aller Welt zunächst auf offener Stra

ße und später in einem US-Feldlazarett gearbeitet. „Die Teams in unserem Zuständigkeitsbereich haben mehr als 7000 Menschen in Not, darunter sehr viele Kinder, behandelt“, sagt Klostermann. Manchmal verloren die Helfer allerdings den Wettlauf mit dem Tod. Ein kleines Mädchen starb nur deshalb, weil sich ihr gebrochener Fuß böse infiziert hatte und sie zu spät in die Rettungsstation gebracht wurde. Trotz aller Bemühungen überlebte auch ein Neugeborenes nicht. „Das ist uns an die Nieren gegangen. Wir alle haben geweint“, sagt Lehrrettungsassistent Bernhard Mandla.
Die Menschen, die am Rande von Port-au-Prince lagern, sind traumatisiert. „Viele sind Waisen geworden, fast alle haben ihr Hab und Gut verloren“, sagt OP-Pfleger Jens Kladen. Sein Teamkollege Bernhard Mandla stimmt ihm zu: „Was diesen Leuten fehlt, ist eine Perspektive. Die Erdbeben-Opfer haben keinen großen Lebensmut mehr.“
Im Camp der Hoffnungslosen gibt es weder fließend Wasser noch Toiletten. Dafür aber umso mehr Exkremente und Rinnsale aus Urin. „Die Seuchengefahr wird von Tag zu Tag größer“, sagt Rettungsassistent Christian Käse. Die Zahl der Patienten, die schweren Durchfall haben, steigt rapide. „Es sind vor allem Kinder, die unter den katastrophalen hygienischen Bedingungen leiden und schwer erkrankt sind“, berichtet Krankenschwester Gesche Cook aus Hameln.
„Das war das Schlimmste, was ich in meinem Leben gesehen habe“, erinnert sich der Rettungsassistent Christian Käse. „Die Bilder, die ich in meinem Kopf habe, werde ich wahrscheinlich niemals wieder los.“ Interhelp will sich auch in Zukunft in Haiti engagieren. „Wir bauen derzeit gemeinsam mit zwei deutschen und einem haitianischen Rotary-Club und der Stadt Port-au-Prince eine Schule, setzen auf Nachhaltigkeit“, sagt Behmann. „Dafür und für den Kampf gegen die Cholera sammeln wir Spenden.“
Medizinische Soforthilfe liegt den Interhelpern am Herzen. Nach dem Ausbruch der Cholera in Haiti wollen die Ehrenamtlichen den erkrankten Menschen helfen. „Die Vorbereitungen für einen medizinischen Hilfseinsatz laufen bereits“, sagt Vorsitzender Ulrich Behmann (am 21. November 2010). Am Dienstag tritt der Vorstand zu einer Sondersitzung zusammen, um über geeignete Hilfsmaßnahmen im Kampf gegen die todbringende Seuche zu beraten. Geld zur Rettung von Leben wird dringend benötigt.
Spenden können ab sofort auf folgende Sonderkonten eingezahlt werden: Nr. 20313 bei der Sparkasse Weserbergland (BLZ 254 501 10), Nr. 33233 bei der Stadtsparkasse Hameln (BLZ 254 500 01) und Nr. 700 700 000 bei der Volksbank Hameln-Stadthagen (BLZ 254 621 60). Stichwort: Erdbeben.
Mehr im Internet unter: www.interhelp.info oder www.wesio.de/user /Interhelp

Bildtexte:
Einsatz im „Hameln Hospital“ auf Haiti (v.l.): Reinhold Klostermann, Bernhard Mandla und Jens Kladen behandeln ein Erdbebenopfer.

Freude im Elend: Die kleine Suzanne hat von den Hamelner Helfern ein Kuscheltier geschenkt bekommen.
Foto: interhelp.info

Mit freundlichen Grüßen
Claudia Behmann
Interhelp – Deutsche Gesellschaft für internationale Hilfe e.V.
– Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit –